Zweite Mannschaften in 3. Liga und Regionalligen

Wettbewerbsverzerrung oder Jugendförderung?

Zweite Mannschaften in 3. Liga – Borussia Dortmund II, VfB Stuttgart II und Hannover 96 II spielen in dort. Noch deutlich mehr Teams von höherklassigen Vereinen sind in den Regionalligen vertreten:

  • Werder Bremen II
  • Hamburger SV II
  • Holstein Kiel II
  • FC St. Pauli II
  • Hertha BSC II
  • Fortuna Düsseldorf II
  • 1. FC Köln II
  • Borussia Mönchengladbach II
  • SC Paderborn II
  • FC Schalke 04 II
  • TSG 1899 Hoffenheim II
  • Eintracht Frankfurt II
  • SC Freiburg II
  • 1. FSV Mainz 05 II
  • FC Augsburg II
  • Greuther Fürth II
  • FC Bayern München II
  • 1. FC Nürnberg II

Insgesamt 21 Zweitvertretungen aus den ersten beiden Profiligen haben eine zweite Mannschaft für die 3. Liga oder Regionalliga angemeldet. Darüber hinaus planen weitere Clubs, eine zweite Mannschaft aufzustellen – mit dem erklärten Ziel, mindestens in der Regionalliga zu spielen.

Seit geraumer Zeit stehen die Zweitvertretungen in der Kritik. Ihnen wird vorgeworfen, den Wettbewerb zu verzerren, Traditionsvereinen die Startplätze streitig zu machen und für Fußballfans wenig attraktiv zu sein.

Kann man dieser Kritik einfach so zustimmen? Welche Vorteile bringen die zweiten Mannschaften mit sich? Was ist die alternative Lösung, um einen Platz für die Teams zu finden?


Ist die geäußerte Kritik berechtigt?

Am 06.04.2025 traf die U23 von Borussia Dortmund im Stadion Rote Erde auf den FC Ingolstadt. Mit von der Partie war Julian Duranville, der in dieser Saison bereits 259 Minuten in der Champions League absolviert hatte, sowie Yannik Lührs, Marcel Lotka und Kjell Wätjen, die allesamt schon Bundesligaerfahrung vorweisen können. Allein der belgische Youngster des BVB hat einen Marktwert, der in etwa dem des gesamten FC Ingolstadt-Kaders entspricht. Das Spiel endete 3:3, was nur ein Teilerfolg für Dortmunds zweite Mannschaft im Abstiegskampf ist. Auch beim VfB Stuttgart II wurde Anrie Chase regelmäßig eingesetzt, der in dieser Saison bereits in verschiedenen Wettbewerben für die erste Mannschaft des VfB zum Einsatz kam.

Die Situationen der Traditionsvereine und Zweitvertretungen könnten kaum unterschiedlicher sein. Während einige Vereine in der dritten Liga und den Regionalligen jährlich um ihre wirtschaftliche Existenz kämpfen, verfügen die Profivereine über deutlich größere finanzielle Mittel. Letztere profitieren zusätzlich von einer Vereinsinfrastruktur auf Profiniveau im Scouting, besseren Spielstätten und einer professionelleren Nachwuchsarbeit – Ressourcen, die kleineren Clubs schlicht nicht zur Verfügung stehen. Es ist ebenfalls kritisch zu sehen, dass im vergangenen Jahr zwei der fünf Aufstiegsplätze an die Zweitvertretungen von Stuttgart und Hannover gingen, während traditionsreiche Vereine wie die Stuttgarter Kickers und gut arbeitende kleinere Clubs wie der SV Meppen den Aufstieg verpassten.

Teilweise erhalten die Proficlubs weitere Wettbewerbsvorteile, da sie, entgegen dem eigentlichen Regelwerk, nicht in der untersten Liga des deutschen Ligasystems starten müssen, sondern höher einsteigen dürfen. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist Eintracht Frankfurt, die nach fast zehn Jahren ohne Reserveteam zur Saison 2022/23 eine neue U21 gründete. Diese durfte direkt in der Hessenliga (5. Liga) starten und schaffte direkt in der ersten Saison den Aufstieg in die Regionalliga.

§ 21 Neuaufnahmen:

  1. Die Mannschaften eines in den HFV neu aufgenommenen Vereins werden zu Beginn des auf die Aufnahme folgenden Spieljahres den untersten Spielklassen ihres Kreises zugeteilt. Gleiches gilt für Mannschaften eines bereits in den HFV aufgenommenen Vereins.
  2. Der Verbandsausschuss für Spielbetrieb und Fußballentwicklung kann eine untere Mannschaft eines Vereins der Lizenzligen (Bundesliga und 2. Bundesliga) sowie der 3. Liga bei Aufnahme des Spielbetriebs, nach vorheriger Anhörung des zuständigen Kreisfußballwartes, abweichend von Nr.1 der Vorschrift in eine Spielklasse auf Verbandsebene eingruppieren.

Spielordnung des hessischen Fußballverbandes (Letzte Änderung: 30.11.2024)

Im Fall Eintracht Frankfurt U21 wurde also mit einer Ausnahmeregelung der Start in den Spielbetrieb massivst erleichtert. Aber ist es nicht eigentlich fairer, wenn auch für diese die gleiche Regelung gilt, wie z.B. für den Dorfverein aus der Nähe?

Auch im Hinblick auf Zuschauerinteresse gibt es deutliche Kritikpunkte: Die Analyse der Zuschauerzahlen in der dritten Liga zeigt ein klares Bild. Die drei Reservemannschaften von Borussia Dortmund, VfB Stuttgart und Hannover 96 finden sich durchgehend am unteren Ende der Besucherstatistik wieder und belegen die Plätze 17, 18 und 20. Dies verdeutlicht, dass diese Teams trotz der Strahlkraft ihrer ersten Mannschaften für die Fans deutlich weniger Anziehungskraft besitzen als »normale« Drittligateams.


Welche Vorteile bringen Reservemannschaften für die Fußballlandschaft mit?

Für einige Talente kann der Sprung vom Junioren- in den Herrenbereich gigantisch sein. In der U19 spielen sie ausschließlich gegen Gleichaltrige – gegen Spieler auf einem ähnlichen physischen und athletischen Niveau mit vergleichbarer Erfahrung. Auch wenn die Spieler fußballerisch herausragend sein können, ist der Sprung meistens zu groß, um sofort mit Profis aus der ersten oder zweiten Bundesliga mitzuhalten. In den unteren Ligen können sie jedoch erste wertvolle Erfahrungen auf Profi- bzw. hohem Amateurniveau sammeln und sich schrittweise entwickeln.

Die Zweitvertretungen haben sich auch für die große Bühne des Weltfußballs als wertvoll erwiesen. Allein im Drittliga-Meisterkader 2019/20 des FC Bayern München – unter Trainer Sebastian Hoeneß – entwickelten sich Spieler wie Alphonso Davies, Joshua Zirkzee, Chris Richards und Angelo Stiller zu Profis und wurden optimal auf ihre späteren Karrieren vorbereitet. Auch für Spieler nach Verletzungen sind die Reservemannschaften wichtig: Hier können sie Spielpraxis sammeln und sich behutsam an das Niveau der ersten Mannschaft herantasten.


Potenzielle Problemlösung: Eigene U23-Liga oder leichte Anpassungen am jetzigen System?

Die prominenteste Lösung für das Problem wäre nach englischem Vorbild eine Gründung von U23-Ligen, die man z.B. wie die A/B-Junioren-Bundesliga in Staffeln aufteilen könnte. Fraglich wäre hierbei allerdings nur, ob dies für die allgemeine Nachwuchsförderung genügt und es quasi eine weitere Juniorenliga darstellt und sich die Talente nicht ausreichend an den Herrenfußball gewöhnen können. Allerdings müsste hier bei der Entwicklung der noch fehlenden Attribute angesetzt werden, um sicherzustellen, dass die Spieler in dieser Liga die notwendigen Fähigkeiten für den Profibereich entwickeln können. Der Fokus sollte dabei auf einer strukturierten und systematischen Heranführung an den Profifußball liegen, wobei besonders die Anpassung an höhere Spielgeschwindigkeiten und die intensivere Art des Spiels im Vordergrund stehen sollte.

Sollte sich dieser Vorschlag nicht durchsetzen lassen, sind strengere DFB-Restriktionen für die zweiten Mannschaften der Weg: Ausnahmeregelungen wie im Fall Frankfurt dürfen nicht mehr gewährt werden. Zudem könnte man festlegen, dass Spieler wie Duranville, die bereits eine bestimmte Einsatzzeit in der Bundesliga erreicht haben, nicht mehr in der zweiten Mannschaft eingesetzt werden dürfen. Dies würde zumindest die aktuelle Diskussion entschärfen.


Fazit

Die Debatte über die zweiten Mannschaften ist äußerst kontrovers. Dies zeigt sich besonders daran, dass während der laufenden Saison eine Petition für die Einführung einer eigenen Liga ins Leben gerufen wurde. Etwas, was noch gar keinen Anklang gefunden hat, ist auch, dass in den Regionalligen und der dritten Liga ohnehin Reformbedarf besteht. Die Clubs der Regionalliga Nordost forderten eine Neugliederung in vier anstatt fünf Staffeln, sodass von jeder Liga der Meister aufsteigen kann – es ist also recht ungewiss, wie die Zukunft der beiden Ligen aussieht. Aber eigentlich muss diese auf jeden Fall eine ohne zweite Mannschaften sein, dass ein fairer Wettbewerb stattfinden kann.

Kommentare

2 Antworten zu „Zweite Mannschaften in 3. Liga und Regionalligen“

  1. Avatar von Raik Klein

    Ich finde das auch doof und würde es viel besser finden, wenn es eine eigene U23-Liga geben würde.

    1. Avatar von Maximilian Müller
      Maximilian Müller

      Es muss auf dieser Ebene einfach etwas passieren. Ein Versuch mit einer Testsaison wäre doch mal etwas 😉

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