Wie eine Feuerwerksrakete an Silvester – so lässt sich der Aufstieg vieler junger Talente in der Bundesliga beschreiben. Innerhalb von kurzer Zeit machen sie beachtliche Fortschritte in ihrer Entwicklung und wachsen von Perspektivspielern zu festen Größen in Deutschlands erster Fußball-Liga heran. In der Vergangenheit sind Spieler, wie Maxence Lacroix, Evan Ndicka oder Jamal Musiala prominente Beispiele, die in kurzer Zeit von Talenten zu Stammspielern wurden.
Auch in diesem Jahr gibt es einige Spieler, die sich aus dem Nichts hervorgetan und zu wichtigen Spielern für ihre Teams entwickelt haben.
Maximilian Beier (TSG 1899 Hoffenheim)
Seit der Saison 2018/19 ist der 21-jährige Spieler der Sinsheimer und war für die U17 und U19 aktiv, bis er dann zu den Profis hochgezogen wurde. In den letzten beiden Saisons wurde Beier nach Hannover verliehen, bei denen er in 68 Spielen 15 Tore erzielen konnte. Die Leihe kann man also nur als solide bewerten. Deshalb war der Sprung, den er in dieser Saison gemacht hat, nicht zu erwarten.
Der 1,85 m große Stürmer wurde in dieser Saison Stammspieler bei der TSG und komplettiert die Doppelspitze mit Wout Weghorst. Ihm sind nach 21 Spielen bereits acht Treffer und fünf weitere Vorlagen gelungen, was ihn zum besten Scorer der TSG macht und mit denen er für Pellegrino Matarazzo unverzichtbar geworden ist.
Trotz seiner beachtlichen Größe ist Beier als Mobile Striker zu bezeichnen. Ein hervorragendes Tempo bringt er mit (35,45 km/h Topspeed), aber auch seine Fähigkeiten im Eins-gegen-Eins sind nicht zu unterschätzen. Mit seiner engen Ballführung hat er in der laufenden Saison schon den ein oder anderen gestandenen Bundesliga-Innenverteidiger aussteigen lassen. Wegen seiner bisher genannten positiven Attributen kippt er auch gerne mal auf den Flügel oder in den Halbraum ab und trägt den Ball in den Strafraum (1,41 Carries into Penalty Area pro 90 min). Eine essenzielle Fähigkeit für das Spiel der TSG ist auch, dass er ein potenzieller Abnehmer von progressiven Pässen ist und ihnen enorme Tiefe gibt, welche neben seinem Sturmpartner Weghorst gebraucht wird. Deswegen ergänzen sich der Niederländer und Beier auch optimal, um das Duo vor Andrej Kramaric, der in zurückgezogener Position spielt, abzurunden.
Außerdem ist Beier ein Name, der im Dunstkreis der Nationalmannschaft auftauchen muss, weil er neben Deniz Undav und Niclas Füllkrug ein spannendes drittes Profil für die EM hergibt.
Aleksandar Pavlovic (FC Bayern München)
Die inzwischen allseits bekannte »Holding Six« ist das Profil, welches dem deutschen Rekordmeister nach wie vor fehlt. Das »Holding« gibt Youngster Aleksandar Pavlovic zwar auch nicht her, konnte sich jedoch in die Elf des Rekordmeisters spielen und wird von einigen deutschen Fans sogar in die Nationalmannschaft gefordert.
Der 19-Jährige, der auch für Serbien spielen könnte, ist in München geboren und spielt seit 2011 für Bayern München. Er hat alle U-Mannschaften des Clubs durchlaufen, hat am neunten Spieltag sein Debüt gegen Darmstadt gegeben und ist seitdem fester Bestandteil des Bayern-Kaders.
Wir wissen ganz genau, was er kann.
Tuchel über Pavlovic und seine Zukunft beim FC Bayern
Pavlovic ist ein typischer tiefer Spielmacher, der besonders im ersten Drittel im eigenen Ballbesitz in Erscheinung tritt. Für sein Alter agiert er sehr ruhig im Spielaufbau und gibt dem FC Bayern eine Pressingresistenz, was besonders wichtig in Bundesligaspielen mit hoch anlaufenden Offensivlinien eines Gegners ist. Er bietet sich jederzeit an, stellt eine Passoption dar, verarbeitet die Pässe mit einem guten ersten Kontakt und antizipiert richtig, wann er den Ball wieder abgeben sollte. Die Passqualität des Mittelfeldspielers ist dann auch sehr hoch, egal ob es ein Pass auf kurze, mittlerer oder lange Distanz ist. Gerade in puncto Vertikalität agiert er in der Bundesliga auf Top-Niveau, was mit seinem hohen Fußball-IQ zusammenhängt.
Max Finkgräfe (1. FC Köln)
Köln hat einen neuen Prinzen! Vielleicht ein wenig überspitzt formuliert, aber ein Spieler für die Zukunft in der Domstadt ist Finkgräfe definitiv. Der 19-Jährige hat in der Jugend bei Fortuna Düsseldorf, Borussia Dortmund, Borussia Mönchengladbach und der SG Unterrath gespielt, bis er 2021 zum »Effzeh« gewechselt ist. Am ersten Spieltag hat er gegen seinen Ex-Verein Borussia Dortmund sein Bundesliga-Debüt gegeben und ist seit Mitte Dezember Stammspieler beim 1. FC Köln und präsentiert sich auf einem sehr guten Niveau.
Seine Stärken liegen auf jeden Fall in der Arbeit gegen den Ball, bei denen er im Bundesligavergleich besonders gut abschneidet (1,49 Interceptions pro 90 min / 87 Percentile; 1,99 gewonnene Zweikämpfe pro 90 / 97 Percentile; 1,74 Blocks pro 90 / 80 Percentile). Aber auch im offensiven Bereich hilft er dem 1. FC Köln weiter, weil er mutig nach vorn spielen will und mit seinen Läufen dem Spiel von Timo Schulz Progressivität verleiht.
Das erste Mal richtig aufgefallen ist er beim Auswärtsspiel beim VfL Wolfsburg, bei dem ich selbst vor Ort war. Er hat sich in diesem Spiel sowohl offensiv als auch defensiv gut präsentiert und hat mit seiner Zweikampf- und Flankenstärke überzeugt, was ihn in diesem Spiel zum besten Mann auf dem Platz gemacht hat. Aber auch danach war er jede Woche einer der besten Kölner, bis er seine Leistungen dann gegen Hoffenheim mit seinem ersten Bundesligator sehenswert per Freistoß abgerundet hat.
Kurzfristig wird er dem »Effzeh« bei der Mission Klassenerhalt helfen und schließt die Lücke, die Jonas Hector im vergangenen Sommer mit seinem Karriereende hinterlassen hat. Auch im Hinblick darauf, dass Köln bis zum Winter 2025 keine Transfers tätigen darf, muss Finkgräfe, wie auch andere Jugendspieler, eine wichtige Rolle in der Domstadt einnehmen, damit Köln weiter erstklassig bleibt. Ihm persönlich traue ich tatsächlich aber auch eine ähnliche Entwicklung, wie Jonas Hector zu, die sogar vielleicht in einer Nominierung für die DFB-Elf mündet.
Merlin Röhl (SC Freiburg)
Beim FC Ingolstadt ausgebildet, in den Schwarzwald gewechselt, ein Jahr unter Thomas Mann gespielt und an die Profis herangeführt, um in diesem Jahr seinen Durchbruch zu feiern. Merlin Röhl passt perfekt zum Freiburger Weg, junge Profis entweder aus der eigenen Jugend oder aus anderen Juniorenmannschaften ins Breisgau zu holen. In seinen 23 Pflichtspielen für den Sportclub konnte der Mittelfeldspieler zwei Tore erzielen und vier weitere auflegen.
Röhl kann im Mittelfeld auf jeder Position spielen und ist ein absoluter Allrounder. Diese Polyvalenz ist essenziell für Freiburg, da das Mittelfeld sehr dünn besetzt ist. Gegen den Ball macht er einen soliden Job im Bereich Blocks und gewonnenen Luftzweikämpfen (oberes Drittel im europäischen Vergleich), aber muss im direkten Duell gegen seine Gegenspieler noch nachlegen. Aber mit Ball wirkt er für sein noch junges Alter schon sehr weit. Im Ballcarrying ist der deutsche U21-Nationalspieler einer der besten Mittelfeldspieler in Europa und überbrückt viel Raum für den SC Freiburg. Diese Carries enden oft im Angriffsdrittel oder sogar im Strafraum und können so den Ball in den gefährlichen Raum bringen. Auch im Allgemeinen tritt er am liebsten im Angriffsdrittel in Erscheinung und könnte, wenn er noch sauberer im Passspiel werden würde, ein richtiger Spielmacher werden.
Röhls Perspektive in Freiburg ist golden. Er ist in diesem Jahr schon ein Spieler, der meiner Meinung nach in jedem Spiel starten muss und ein Kandidat, der Freiburg eine Menge Geld in die Kassen spülen könnte.
Moritz Nicolas (Borussia Mönchengladbach)
Moritz Nicolas ist der älteste Spieler in diesem Artikel und konnte erst mit 26 Jahren seinen richtigen Durchbruch bei Gladbach feiern, was mit der Verletzung des eigentlichen Stammtorwarts Jonas Omlin zusammenhängt. Ausgebildet wurde Nicolas bei Rot-Weiß Essen und wechselte 2015 an den Niederrhein, wurde seitdem zu Union Berlin, nach Osnabrück, zu Viktoria Köln und in die Niederlande zu Roda JC verliehen und ist im letzten Sommer zu den Fohlen zurückgekehrt. In seinen 20 Spielen für die »Fohlen« schaffte er es dreimal zu Null zu spielen und wusste in diesen zu überzeugen.
Vom Profil her ist er nicht unbedingt ein anderer Torwart als Jonas Omlin, weist aber wesentlich bessere Statistiken als der Schweizer auf. Im Spielaufbau sucht er zwar die einfachen Lösungen, ist technisch aber solide und im Kurzpassspiel hochprozentig gerankt. Der Post-Shot xG-Wert liegt im europäischen Vergleich unter den besten 13 % der Torhüter, was ihn als guten Shotstopper charakterisiert. Im Vergleich mit Bundesligatorhütern im Bereich verhinderte Tore schneidet er mit dem zweitbesten Wert pro 90 Minuten sogar noch besser ab. Das Luftduell ist ebenfalls als Stärke des 26-Jährigen zu verordnen, da er mit seinen 1,93 m Körpergröße, einer Menge Ruhe und Antizipation das nötige Etwas mitbringt, um die neue Nummer 1 der Gladbacher zu sein.
Von einer Verletzung profitiert, aber jede Sekunde Spielzeit genutzt. Ich bin ein großer Fan des gebürtigen Gladbeckers, habe nur ein paar Fragen, wenn es darum geht, was mit Jonas Omlin und Jan Olschowsky passieren soll. Nicolas hat meiner Meinung nach das Niveau, um Stammtorwart einer Bundesligamannschaft zu sein, aber ich vermute, dass Omlin als eigentlicher Kapitän wieder zurückkehren wird. Wenn dieser Fall eintreten sollte, muss Nicolas über einen Wechsel nachdenken, der ihn aber langfristig in der ersten Liga halten kann.
Eren Dinkci ( 1. FC Heidenheim)
Eren Dinkci ist seit der U19 unter Vertrag bei Werder Bremen, hat dann ein Jahr für die Reserve des Clubs gespielt und wurde dann im Alter von 19 Jahren mit einem Profivertrag ausgestattet. In der vergangenen Saison wurde dann festgestellt, dass er noch Schritte in seiner Entwicklung vor sich hatte, um den Grün-Weißen auf dem Platz zu helfen und wurde daher zum 1. FC Heidenheim verliehen. Seitdem er wettbewerbsübergreifend achtmal für den Aufsteiger getroffen, unter anderem sogar zweimal im Hinspiel gegen Werder und konnte noch zwei Tore für seine Kollegen auflegen.
Er überzeugt vor allem mit seiner Torgefährlichkeit und seinem guten Abschluss und profitiert viel von seiner herausragenden Athletik, welche einige Schwächen kompensieren kann. In dieser Bundesligasaison ist er sogar der schnellste Spieler der Liga und übertrifft damit sogar z. B. Alphonso Davies oder Jeremie Frimpong. In einer Mannschaft, die viel auf Umschaltfußball setzt, so wie Heidenheim es tut, ist Dinkci also wirklich eine gute Option für die Startelf.
Spieler | Top-Speed in km/h |
---|---|
1. Eren Dinkci (1. FC Heidenheim) | 36,41 |
2. Silas Katompa Mvumpa (VfB Stuttgart) | 36,15 |
3. Maxence Lacroix (VfL Wolfsburg) | 36,13 |
4. Linton Maina (1. FC Köln) | 36,10 |
5. Sheraldo Becker (ehemals 1. FC Union Berlin) | 36,07 |
Allerdings sehe ich bei ihm auch weiterhin noch Schwächen, besonders im Bereich mit Ball, sein First Touch, Passqualität und seine teilweise überstürzte Entscheidungsfindung muss er noch verbessern – die Anlagen sind aber definitiv vorhanden.
Wenn Dinkci im Sommer wieder nach Bremen zurückkehrt, wird er definitiv auch Angebote von anderen Clubs haben, da er sich in dieser Saison definitiv ins Rampenlicht gespielt hat. Ihm anraten würde ich allerdings einen Verbleib in Bremen, da er dort in ein spannendes, junges und vor allem gut trainiertes Bundesligateam kommt, in dem er seine noch schwachen Spielbereiche verbessern kann.